Ich rufe meine Kinder, aber sie antworten nicht. Dass ich in diesem Moment nichts höre, beunruhigt mich nicht. Früher wäre das anders gewesen. Inzwischen hab‘ ich’s verstanden: Verspricht man Kindergarten-kindern flüsternd einen Keks, verstehen sie jedes Wort. Braucht man sie an Ort und Stelle, schalten sie auf Durchzug. Ist das bei Erwachsenen nicht manchmal ähnlich?
Zumindest die Berufungsgeschichten der Bibel lassen darauf schließen. In diesen faszinierenden, alten Erzählungen ruft Gott die Menschen bei ihrem Namen, bezeichnenderweise fast immer zweimal: Im Alten Testament („Mose, Mose“), genauso wie im Neuen („Saulus, Saulus“). Wenn’s sein muss, sogar öfter: So war es bei Samuel, mitten in der Nacht…
„Samuel, Samuel!“ – immer wieder meldet sich Gott zu Wort. Obwohl das menschliche Gehör zwischen 400.000 Tönen unterscheiden kann, glaubt Samuel allen Ernstes von seinem Ziehvater Eli gerufen zu werden. Wer rechnet denn auch damit, von Gott aus dem Schlaf gerissen zu werden?
Wie gut, dass am Ende der alte Eli seinem Junior doch noch die Augen – oder besser – die Ohren öffnet. Samuel begreift jetzt, wer zu ihm spricht. Erwartungsvoll antwortet er, exakt wie Eli es ihm aufgetragen hat: „Rede, denn dein Knecht hört.“ In unsagbarer Geduld und nach unzähligen Versuchen nimmt Gott einen neuen Anlauf und Samuel hört zu. Er ist ganz Ohr, und wie!
Wenn das doch bei meinen Kindern nur genauso wäre. Hinter unserm Sofa tauchen zwei Köpfe aus ihrem Versteck hervor. Hatte ich’s mir doch gedacht…
Pfarrer Oliver Helmers
PS: „Rede, denn dein Knecht hört“ – ob das auch unser Gebet sein kann?
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